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Krankenversicherung 
Mittwoch, 24.07.2019

Wenn die PKV zur Kostenerstattung einer PC-Arbeitsplatzbrille verpflichtet ist

Der Fall:

Die Parteien stritten um Zahlung aus einer privaten Krankenversicherung. Dem Kläger war eine Gleitsichtbrille und eine PC-Brille ärztlich verordnet worden. Die Beklagte erstattete dem Kläger den Leistungsbetrag laut den Tarifbestimmungen für die Gleitsichtbrille und wies jegliche Erstattung für die PC-Arbeitsplatzbrille zurück.

Der Kläger behauptete, die PC-Arbeitsplatzbrille sei neben der Gleitsichtbrille medizinisch notwendig. Altersbedingt leide er an einer eingeschränkten Akkommodationsfähigkeit der Augen, die durch die Gleitsichtbrille bei der beruflichen und privaten Arbeit am PC nicht ausreichend reguliert werden könne. Insbesondere müsse bei Tragen der Gleitsichtbrille eine starre Kopfposition vor dem PC eingehalten werden, was zu Kopf- und Nackenschmerzen führe.

Die Beklagte behauptete, die Fehlsichtigkeit des Klägers sei bereits durch die mit der PC-Arbeitsplatzbrille gleichzeitig angeschaffte Gleitsichtbrille ausgeglichen. Im Erstattungsfall seien zudem maximal 90 % der Kosten für die Arbeitsplatzbrille erstattungsfähig, da der tariflich vorgeschriebene Selbstbehalt noch nicht erschöpft sei.

Die Entscheidung:

Das Amtsgericht entschied, dass der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz der Kosten für die PC-Arbeitsplatzbrille gemäß §§ 192 ff. VVG i.V.m. den Versicherungsbedingungen der Beklagten nach §§ 1 Abs. 1 a, Abs. 2 MB/KK 2009, Tarif PN, Il. A. 6. in Höhe der zugrundeliegenden Vereinbarungen hatte.

Die Anschaffung der PC-Arbeitsplatzbrille war nach Meinung der Richter medizinisch notwendig. Eine Heilbehandlung ist medizinisch notwendig, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung vertretbar war, sie als medizinisch notwendig anzusehen.

Für die Frage der medizinischen Notwendigkeit ist es unbeachtlich, ob der Versicherungsnehmer die Möglichkeit hat, die Kosten gegenüber seinem Arbeitgeber oder als Selbständiger steuerlich geltend zu machen. Die medizinische Notwendigkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Arbeitgeber zur Übernahme der Kosten nach dem Arbeitsschutzgesetz verpflichtet ist. Diese gesetzliche Verpflichtung beruht allein auf der gesetzgeberischen Entscheidung und ist nicht auf die mangelnde medizinische Notwendigkeit zurückzuführen.

Steuerliche Abzugsmöglichkeiten gebieten gleichfalls nicht den Rückschluss auf eine mangelnde medizinische Notwendigkeit der Heilbehandlungskosten. Voraussetzung für den steuerlichen Abzug etwaiger Ausgaben als Betriebsausgaben ist die betriebliche Veranlassung der Ausgaben (vgl. § 4 Abs. 4 EStG).

Die betriebliche Veranlassung schließt eine etwaige medizinische Notwendigkeit angefallener Ausgaben jedoch nicht per se aus, sondern grenzt lediglich den aus steuerlicher Sicht betrieblichen von dem privaten Aufwand ab.

Bei einer altersbedingten Akkommodationsschwäche der Augen kann eine spezielle Sehhilfe für Tätigkeiten am Bildschirm notwendig werden. Eine universelle Gleitsicht- oder auch eine Nahbrille reicht in diesem Fall nicht mehr ohne Weiteres aus, um die Fehlsichtigkeit der am Bildschirm arbeitenden Person adäquat auszugleichen (Information 250-008 der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung).

Laut dem vorgelegten ärztlichen Attest litt der Kläger an einer solchen altersbedingten Akkommodationsschwäche der Augen. Das Tragen einer PC-Arbeitsplatzbrille erwies sich für ihn damit als medizinisch notwendig, auch wenn er die entstandenen Kosten gegebenenfalls dem Grunde nach steuerlich geltend machen könnte.

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