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Recht 
Mittwoch, 09.09.2020

Nachbarrechte bei Blendwirkung von Dachpfannen

Der Fall:

Die Parteien waren Eigentümer bebauter Nachbargrundstücke. Das Grundstück des Beklagten befand sich an der südlichen Grenze des Grundstückes der Kläger. Der Beklagte ließ das Dach seines Hauses mit hochglänzend glasierten Dachpfannen eindecken. Zwei Jahre später tauschte er einen Großteil dieser Dachpfannen durch matt glasierte Ziegel aus, nicht aber die im Bereich der Ortgänge und des Dachfirsts verlegten Dachpfannen.

Die Kläger behaupteten, dass es insbesondere in den Monaten April bis Oktober in der Zeit von 10.30 Uhr bis 15.30 Uhr und bei Vollmond in den Wintermonaten zu starken Reflexionen des Sonnenlichtes sowohl durch die hochglänzend als auch die matt glasierten Dachziegel komme. Hierdurch würden sie stark geblendet, weshalb sie ihren Garten sowie Wohn- und Esszimmer nur eingeschränkt - mit gesenktem Kopf - nutzen könnten. Aus diesem Grund verlangten sie von dem Beklagten, dass er Blendwirkungen, die von dem Dach seines Gebäudes ausgingen und ihr Haus beträfen, verhindern solle.

Das Landgericht hatte der Klage teilweise stattgeben und den Beklagten dazu verurteilt, von den Dachpfannen ausgehende Blendwirkungen mit einer Leuchtdichte von 100.000 Candela pro Quadratmeter oder höher zu verhindern. Eine solche, nicht mehr zumutbare Blendwirkung gehe von den im Bereich der Ortgänge und dem Dachfirst verlegten hochglänzend glasierten Dachziegeln in dem Zeitraum April bis Oktober von 10.30 Uhr bis ca. 14.30 Uhr aus, wie der vom Gericht beauftragte Sachverständige festgestellt habe.

Die Kläger verlangten vom Beklagten nun darüber hinaus, die vom Dach seines Gebäudes ausgehenden und ihr Haus betreffenden Blendwirkungen insgesamt zu verhindern.

Die Entscheidung:

Das OLG verneinte einen über die erfolgte Verurteilung des Beklagten hinausgehenden Anspruch der Kläger. Zwar werde durch die vom Dach des Hauses des Beklagten ausgehenden Lichtreflexionen das Grundeigentum der Kläger beeinträchtigt. Allerdings seien die Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme dazu verpflichtet, die von den engobierten Dachpfannen ausgehenden Lichtreflexionen - gemäß § 1004 Abs. 2 BGB - zu dulden, weil es sich um unwesentliche Beeinträchtigungen im Sinne von § 906 Abs. 1 BGB handele.

Verbindliche Richtwerte, bei deren Überschreitung eine wesentliche Beeinträchtigung indiziert wäre, gebe es - soweit ersichtlich - nicht. Maßgeblich für die Beurteilung der Wesentlichkeit sei daher das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen, wobei auf die konkreten Umstände des Einzelfalles - wie die Dauer der Blendwirkung, die Intensität der Lichtreflexe und die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Nutzung des betroffenen Grundstückes - abzustellen sei.

Deshalb könne nicht schematisch von einer Erheblichkeit ab einer Lichtstärke von 100.000 Candela pro Quadratmeter ausgegangen werden, wie sie in vereinzelten landesrechtlichen Regelwerken zu der zulässigen Lichtstärke von Photovoltaikanlagen festgelegt sei, wenngleich bei deren Erreichen regelmäßig eine Wesentlichkeit vorliegen dürfte.

Nach den Feststellungen des Sachverständigen sowie den Eindrücken bei einem vom Gericht durchgeführten Ortstermin konnte eine wesentliche Beeinträchtigung durch die engobierten Dachpfannen in dem vorliegenden Fall nicht festgestellt werden.

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