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Montag, 07.09.2020

1.200 EUR pro Monat ohne Gegenleistung: Pilotprojekt zum bedingungslosen Grundeinkommen startet in Deutschland

Drei Jahre lang eine monatliche steuerfreie Überweisung von 1.200 EUR zu erhalten, ohne dafür zu arbeiten, zu investieren oder in einen Spar- oder Vorsorgevertrag einzuzahlen, das klingt wie eine gesellschaftliche Utopie. Für rund 120 Deutsche soll sie im nächsten Jahr zur Realität werden, sofern sie als Teilnehmer des Pilotprojektes bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) ausgewählt werden. Die Auflagen sind minimal: Wer mindestens 18 Jahre alt ist und seinen ersten Wohnsitz in Deutschland hat, kann sich unabhängig von seinen Lebens- und Einkommensverhältnissen bewerben. Es gibt keinerlei Verdienst- oder Vermögensgrenzen, Familienstand oder Beschäftigung spielen keine Rolle. Die Auswahl erfolgt allein anhand statistischer Kriterien. Als einzige Gegenleistung sind im Laufe der drei Jahre mehrere Online-Fragebögen auszufüllen.

Gesellschaftliche Auswirkungen im Fokus

Initiatoren des ungewöhnlichen Forschungsprojektes sind das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), der Verein Mein Grundeinkommen sowie Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern und der Universität zu Köln. Gemeinsam wollen sie herausfinden, wie sich ein BGE auf den einzelnen Menschen und die Gesellschaft auswirkt. "Wir wollen wissen, was es mit Verhalten und Einstellungen macht und ob das Grundeinkommen helfen kann, mit den gegenwärtigen Herausforderungen unserer Gesellschaft umzugehen", so Michael Bohmeyer, Initiator des Vereins Mein Grundeinkommen. In verschiedenen Befragungsrunden sollen unter anderem Auswirkungen auf das Arbeitsleben, finanzielle Entscheidungen, Familie und soziale Kontakte sowie Psyche und Gesundheit untersucht werden. Neben den 120 BGE-Empfängern soll eine deutlich größere Vergleichsgruppe ohne monatliche Zahlungen befragt werden. Insgesamt werden somit wohl 1.500 Menschen ab Frühjahr 2021 an der Studie teilnehmen.

Die Idee eines staatlichen Bürgergeldes, das ausnahmslos jeden einzelnen ohne Auflagen oder Einschränkungen in seinen Grundbedürfnissen absichert, wird in Deutschland und anderen europäischen Staaten kontrovers diskutiert. Befürworter hoffen auf eine bessere Gesellschaft, die mehr Raum für innovative Ideen, soziales und gesellschaftliches Engagement und mutige unternehmerische Entscheidungen lässt. Gegner sehen darin eher eine Stillhalteprämie für Menschen ohne berufliche Perspektiven und befürchten finanzielle Einbußen für wirklich bedürftige Menschen. Auch die Frage, ob und wie sich ein BGE überhaupt finanzieren ließe, ist vollkommen offen. Zumindest im ersten Schritt liefert das geplante Pilotprojekt darauf keine Antwort. Die Zahlungen an die 120 Versuchspersonen - insgesamt knapp 5,2 Mio. EUR - werden komplett von privaten Spendern finanziert.

Private Vorsorge bleibt unverzichtbar

Noch bis zum 10. November sind Bewerbungen für einen der rund 120 bezahlten "Studienplätze" möglich. Angesichts von rund 1,8 Mio. Anträgen allein in der ersten Woche sind die Chancen jedoch schon jetzt minimal. Unabhängig vom Ausgang des Experimentes dürfte allerdings feststehen: Finanziell abgesichert zu sein, ist ein gutes Gefühl. Private Vorsorge gegen persönliche Risiken wie Krankheit, Unfall oder Berufsunfähigkeit sowie für den Ruhestand ist wichtig und schon heute für jeden möglich.

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