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Mittwoch, 13.09.2017

Blockchain: Ist die Versicherungswirtschaft schon soweit?

Moderator Jörg Schönenborn von Deutsche Telekom Assekuranz-Vermittlungsgesellschaft mbH hatte zusammen mit dem GVNW eine großartige Mischung von Experten für das Forum zusammengestellt. Den Anfang machte Dr. Alan Cabello von Allianz Global Corporate & Speciality. Als Regional Innovation Manager (CEE) zeigte er ein beeindruckendes Know-how und eine besondere Begeisterung für das Thema Blockchain. Er gab den interessierten Teilnehmern zunächst eine Definition für den Begriff an die Hand. Blockchain sei ein "ledger" ein sog. Kontenbuch oder Transaktionsverzeichnis, das über ein Netzwerk geteilt werde, nur diesem Netzwerk zugänglich sei und dem jeder Netzwerkteilnehmer ein besonderes Vertrauen schenkt.

Aber wie funktioniert Blockchain? Dazu fand Dr. Cabelo ebenfalls ein erstes Beispiel:

Beispiel:

Bobby fragt Sally, ob sie ihm 100 EUR leihen könnte. Sally gibt Bobby das Geld und bekommt dafür eine Quittung. Vorsichtshalber gibt Sally mehreren Freunden eine Kopie der Quittung und bittet sie, diese Quittung aufzubewahren. Bobby denkt sich im Laufe der Zeit, dass er Sally nicht die ganzen 100 EUR zurückzahlen will. Bobby zahlt nur 10 EUR an Sally aus.

In diesem Beispiel sei die Quittung ein "ledger", die Besitzer der Quittungskopie würden das Netzwerk darstellen und alle Besitzer bekämen transparent die Informationen zur Zahlung mit, erklärte der Innovation Manager.

Als Cabello dann zu Anwendungsfällen aus der Wirtschaft zu sprechen kam, wird noch einmal deutlich, dass es die Technologie Blockchain bereits seit 2008 gibt. In diesem Jahr gab es den Startschuss für die sogenannten Bitcoins, einer digitalen Währung für Peer-to-Peer-Transaktionen. Weitere "use cases" seien aber auch bei Unternehmen wie TROV zu finden, das sich vor allem mit Micro- oder on-demand-Versicherungen beschäftigt, oder aber bei everledger. Dieses Startup widmet sich der Verringerung von Risiken und Betrugsfällen für Banken und Versicherern.

Von einem ersten Pilotprojekt bei der AIG Europe Ltd. konnte Client Director Daniela Peeters berichten. Zusammen mit dem IT-Partner IBM und einem Kunden konnte Peeters eine Projektgruppe zusammenstellen, um gemeinsam in der Sparte Haftpflicht die bisherigen Prozesse durch die Anwendung der neuen Technologie Blockchain zu verbessern. Peeters schilderte, dass AIG im Pilotprojekt mit Smart Contracts arbeite. Zeitraubende Telefonate seien überflüssig. Durch verschiedene Automatismen entstehe eine schnelle Prozesskette, die sogar bei der Bezahlung der Police greife. Der Versicherungsnehmer würde eine Mitteilung bekommen und könne dann ähnlich wie bei Paypal die Überweisung tätigen, sodass das Geld sofort gutgeschrieben sei. Auch die Police erlange direkte Rechtsgültigkeit und sei sofort nach der Zahlung online abrufbar. Und natürlich habe nur das Netzwerk Zugriff auf alle Prozessschritte und damit absolute Transparenz über den aktuellen Stand der Transaktion.

Die Angst vor solchen IT-Projekten konnte Peeters mittels der eigenen Erfahrungswerte nehmen. Die Projektgruppe sei am 20. Februar mit einem ersten Workshop in London gestartet. Vier Monate später, also mit einer beeindruckenden Schnelligkeit, konnte AIG die neuen Haftpflicht-Prozesse bereits in drei Ländern ausrollen und überlege nun eine Ausweitung auch auf andere Sparten. Aus diesem Pilotprojekt ziehe AIG eine gute Bilanz. Blockchain würde für die Branche sehr große Chancen bieten. Das gelte auch in der Schadenbearbeitung, hier allerdings mit Ausnahme von Großschäden, die einer besonderen Bewertung bedürfen.

Auch Carsten Krieglstein, Head of Liability bei Allianz Global Corporate & Speciality, sieht die Zukunft mit Blockchain. Zukünftig werde es möglich sein, dem iPad zu sagen, was man abends essen möchte. Mithilfe der Smart-Home-Technologie würde diese Info an den Kühlschrank gesendet werden, dieser checkt dann, ob alle Zutaten vorhanden sind und bestellt notfalls online die fehlenden Lebensmittel. Aber auch beim Automobil gebe es viele denkbare Anwendungsfälle, wenn man nur einmal an mögliche Prozessverbesserung bei der Anmeldung des versicherten Fahrzeuges denke.

Für Dr. Sven Erichsen vom auf Cyber-Versicherung spezialisierten Versicherungsmaklerunternehmen Erichsen GmbH überwiegen bei Blockchain vor allem die Vorteile einer sehr guten Kommunikation und einzigartigen Transparenz. Der Jurist sieht gleichzeitig aber auch die dringende Notwendigkeit von Regularien, damit die Technologie mit der Sicherheit angewendet werden kann, die sie verspricht.

Sicherheitsprobleme sieht Cabello von AGCS überwiegend dann, wenn sich die Anwender unsicher verhalten und beispielsweise mit Passwörtern nachlässig umgehen. Und wenn davon die Rede ist, dass mal wieder Bitcoins gestohlen wurden, dann würde das so nicht ganz der Wahrheit entsprechen. Bitcoins verschwinden nicht, sie werden verschoben. Aber auch dieses Verschieben bleibt transparent. Das wahre Problem ist, dass man die Namen oder die Adressen der Hacker nicht aufdecken kann.

Und was machen die Großmakler in Sachen neuer Technologien? Hier war die Meinung im Plenum, dass sich viele Unternehmen beim Thema Blockchain noch in den Kinderschuhen befänden. Das gelte jedenfalls mit Blick auf die Industrieversicherung. Im Bereich Kfz seien neue Technologien wie Blockchain einfacher umzusetzen. Generell würde sich aber jedes Unternehmen im Vorfeld die Frage stellen müssen, wie viel Geld in Innovation gesteckt werden soll. Einzelaktionen seien mit Sicherheit wenig effektiv, neue Technologien würden ein strategisches Handeln erfordern.

Eine Wortmeldung aus dem Auditorium setzte dann ein beeindruckendes Schlusswort. Für Stefan Braasch von Martens & Prahl ist Blockchain keine "Spaßveranstaltung". Es ginge nicht darum, ob sich Blockchain in der Branche durchsetzen bzw. ob ein Branchenteilnehmer die Technologie anwendet und damit arbeiten wird. Nach Auffassung von Braasch gäbe es kein Wahlrecht. Wirtschaftliche Zwänge würden die Unternehmen früher oder später zu Blockchain führen. Und wer nicht mitmache, laufe Gefahr, vom Markt verdrängt zu werden.

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