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Schadenversicherung 
Dienstag, 26.05.2020

Kaskoversicherung: Wann der Wiederbeschaffungswert mit voller Umsatzsteuer zu erstatten ist

Der Fall:

Zwischen den Parteien bestand ein Kraftfahrtversicherungsvertrag bezüglich eines im Eigentum der Beklagten stehenden PKW, der dem Beklagten im Jahr 2018 entwendet worden war.

Die Klägerin erstattete den Schaden auf der Grundlage eines von ihr eingeholten Gutachtens, wonach der Wiederbeschaffungswert 19.902,54 EUR und differenzbesteuert 20.400 EUR betrug abzüglich der Selbstbeteiligung i.H.v. 150 EUR. Zudem wies sie darauf hin, dass die Mehrwertsteuer gemäß Ziff. A.2.6.5 AKB nur dann erstattet werde, wenn und soweit sie bei der gewählten Schadenbeseitigung auch tatsächlich anfalle, beispielsweise bei der Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges.

Nachdem die Beklagte eine Auftragsbestätigung für die Anschaffung eines Neufahrzeuges mit einem Kaufpreis i.H.v. 27.563,05 EUR netto nachgewiesen hatte, zahlte die Klägerin der Beklagten einen weiteren Betrag i.H.v. 3.781,56 EUR, entsprechend 19 % Mehrwertsteuer ausgehend von einem Nettobetrag i.H.v. 19.902,44 EUR zzgl. 500 EUR für Überführungs- und Zulassungskosten.

Die Klägerin behauptete, dass diese Zahlung auf einer irrtümlichen Programmeingabe der zuständigen Sachbearbeiterin beruhe, welche statt der Differenzbesteuerung die Regelbesteuerung eingegeben habe. Es könne dahinstehen, ob der hypothetische Wiederbeschaffungsaufwand differenz- oder regelbesteuert abzurechnen sei, da der Sachverständige einen Wiederbeschaffungswert von 20.400 EUR brutto ermittelt habe. Zuzüglich der Überführungs-/Zulassungskosten von 500 EUR, der Rechtsanwaltskosten von 571,44 EUR und der in Abzug zu bringenden Selbstbeteiligung von 150 EUR seien somit nur 21.321,44 EUR geschuldet. Aufgrund der - unstreitig - erfolgten Zahlung i.H.v. 24.605,34 EUR sei somit eine Überzahlung i.H.v. 3.283,90 EUR erfolgt, deren Ausgleich sie fordere.

Die Entscheidung:

Das Landgericht entschied, dass der Klägerin gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf Rückzahlung eines Betrages i.H.v. 3.283,90 EUR nebst Zinsen aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zustehe. Denn die Zahlung sei mit Rechtsgrund erfolgt, nämlich aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrages.

Der Beklagten stand nach der Entwendung ihres Fahrzeuges aus dem Versicherungsvertrag i.V.m. Ziff. A.2.6.1a und e AKB ein Anspruch auf Zahlung des Wiederbeschaffungswertes i.H.v. 19.902,44 EUR netto zu.

Darüber hinaus stand der Beklagten gemäß Ziffer A.2.6.5 AKB ein Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer zu, da diese tatsächlich angefallen war. Insoweit war es - so das Gericht - unerheblich, ob die Beklagte ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug, mithin ein gebrauchtes Fahrzeug oder ein Neufahrzeug erworben hatte. Entscheidend war ausschließlich, dass tatsächlich Mehrwertsteuer angefallen war.

In welcher Höhe die Mehrwertsteuer zu erstatten ist, mithin ob ein Anspruch auf Zahlung der Mehrwertsteuer i.H.v. 19 % oder lediglich ein Anspruch auf Zahlung der Differenzsteuer gemäß § 25a UStG besteht, ergibt sich aus Ziffer A.2.6.5 AKB hingegen nicht. Vielmehr ist entsprechend Ziffer A. 2.6.1e auch insoweit abzustellen auf den Preis, den die Beklagte für den Kauf eines gleichwertigen gebrauchten Fahrzeuges am Tag des Schadenereignisses hätte bezahlen müssen.

Auch dann, wenn man darauf abstelle, dass bei der Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes immer der tatsächlich vorhandene Gebrauchtwagenmarkt zu berücksichtigen sei und jeweils im konkreten Einzelfall zu prüfen sei, ob der Schadenausgleich durch Erwerb eines differenzbesteuerten Fahrzeuges möglich gewesen wäre, bestünde im vorliegenden Fall ein Anspruch auf Ersatz der Mehrwertsteuer i.H.v. 19 %.

Denn die Klägerin habe als Bereicherungsgläubigerin die Umstände darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, aus denen sich die Voraussetzungen des Anspruchs ergeben, mithin vorliegend, dass es der Beklagten zumutbar war, ein " lediglich " differenzbesteuertes Fahrzeug zu erwerben, sodass sie die gezahlte Mehrwertsteuer ohne Rechtsgrund erhielt. Dies habe die Klägerin bereits nicht hinreichend dargelegt, jedenfalls aber nicht bewiesen.

Dass es der Beklagten innerhalb eines angemessenen Zeitraums möglich und auch zumutbar war, ein regelbesteuertes Fahrzeug zu erwerben, hatte die Klägerin nicht hinreichend dargelegt und bewiesen.

Damit hatte weder die Klägerin noch die Beklagte innerhalb eines Zeitraums von fast drei Monaten ein Fahrzeug auffinden können, welches mit ca. 20.400 EUR (Differenzbesteuert) angeboten worden wäre. Somit war die Beklagte berechtigt, ein Fahrzeug mit einem Mehrwertsteueranteil von 19 % zu erwerben. Diese war zwar nur beschränkt auf den vom Sachverständigen ermittelten Netto-Wiederbeschaffungswert von 19.902,44 EUR zu ersetzen und nicht in Höhe des tatsächlich angefallenen Mehrwertsteuersatzes. Die Klägerin hatte jedoch auch nur diesen Mehrwertsteueranteil an die Beklagte überwiesen, sodass kein Rückzahlungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB bestand.

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