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Krankenversicherung 
Mittwoch, 16.05.2018

Traurige Bilanz: Pflegereform löst viele Probleme nicht

Nach dem Ansturm auf Leistungen der Pflegeversicherung, der durch das Pflegestärkungsgesetz II im vergangenen Jahr ausgelöst wurde, hat sich die Situation inzwischen weitgehend normalisiert. Das hat beispielhaft die Techniker Krankenkasse anhand von Zahlen der Hamburger Landesvertretung festgestellt. Demnach sank im ersten Quartal 2018 die Zahl der Erstanträge im Vergleich zum Vorjahresquartal um knapp 30 %. Im ersten Quartal 2017 - also unmittelbar nach dem Start des Pflegestärkungsgesetzes - gab es im Vergleich zum ersten Quartal 2016 eine Zunahme um 51 %. Betrachtet man die Zahlen der ersten Quartale 2016 und 2018 hat sich der Anstieg auf 18 % abgeschwächt.

Weiterer Anstieg der Leistungsberechtigten

Dennoch erwartet die Techniker Krankenkasse aufgrund der demografischen Entwicklungen einen kontinuierlichen Anstieg von Leistungsempfängern. In den kommenden 15 Jahren werden geschätzte 8 - 10 Mio. Menschen erstmals Leistungen in Anspruch nehmen müssen. Daher denkt man unter anderem daran, Smart-Home-Lösungen in den Leistungskatalog aufzunehmen. Diese technischen Hilfen könnten dafür sorgen, dass Pflegebedürftige länger als bisher in den eigenen vier Wänden bleiben und pflegende Angehörige entlastet werden können.

Etwa 100.000 Menschen, denen bis dahin keine Leistungen zustanden, sind seit dem Start des Pflegestärkungsgesetzes II zusätzlich ins System gelangt, erklärte der Vorstandsvorsitzende der Münchener Verein Versicherungsgruppe, Rainer Reitzler, in einem Interview für den "Versicherungsboten". Dadurch würden die Ausgaben für Pflegeleistungen steigen, ohne dass der Einzelne unbedingt davon profitiert. Alle Experten sind sich darin einig, dass die Pflegereform wenig bis nichts an der eigentlichen Pflegelücke geändert hat. Menschen müssen sich nach wie vor auf erhebliche zusätzliche Belastungen einstellen, wenn sie selbst oder ein Angehöriger pflegebedürftig werden.

100.000 Fachkraftstellen unbesetzt

Und an der angespannten Situation in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen wird sich nach Reitzlers Auffassung auch durch die geplanten 8.000 zusätzlichen Fachkraftstellen kaum etwas ändern. Denn die Branche würde von 100.000 Stellen sprechen, die unbedingt besetzt werden müssten. Zudem leiden die Pflegeheimbewohner darunter, dass die Träger der Heime ihren Beschäftigten höhere Löhne zahlen sollen. Das sei zwar richtig und vorteilhaft für die Beschäftigten, gleichzeitig explodieren damit aber die Kosten in den betroffenen Heimen - zum Teil um bis zu 600 EUR mehr im Monat -, weil die Träger die höheren Löhne voll auf die Heimbewohner umlegen dürfen. Im letzten Jahr sind laut PKV-Verband die Kosten in Pflegeheimen im Schnitt um 3 % gestiegen, was bedeutet, dass die Bewohner bzw. ihre Angehörigen immer mehr aus der eigenen Tasche bezahlen müssen. Das könne nicht im Interesse der derzeit 780.000 Heimbewohner sein, merkt Reitzler an.

Pflegende Angehörige fühlen sich schlecht informiert

73 % der Pflegebedürftigen leben zu Hause und werden dort von Angehörigen oder ambulanten Pflegekräften versorgt. Das entspricht dem Anliegen der neuen Bundesregierung, die ambulante vor die stationäre Pflege zu stellen. Etwa 4,7 Mio. Angehörige pflegen einen oder mehrere alte oder kranke Personen. Sie fühlen sich schlecht informiert darüber, welche Leistungen die Pflegeversicherung zur Verfügung stellt, hat eine Studie des "Zentrums für Qualität in der Pflege" (ZQP) Anfang dieses Jahres herausgefunden. Jeder Dritte weiß nicht, was ihm und dem zu Pflegenden tatsächlich zusteht. Daher ist es kein Wunder, dass sehr viele Betroffene etwa den "Entlastungsbetrag" von bis zu 1.500 EUR im Jahr nicht kennen, der dafür zur Verfügung steht, dass externe Hilfe etwa beim Einkaufen, Spazierengehen oder für Behördengänge eingeschaltet und bezahlt werden. Die Belege dafür müssen gesammelt und eingereicht werden. Wie das ZQP herausgefunden hat, wird der Entlastungsbetrag von 70 % der Berechtigten in der häuslichen Pflege nicht in Anspruch genommen, weil sie schlicht nichts davon wissen!

Angst und Sicherheitsbedürfnis steigen

Die Angst vor der eigenen Pflegebedürftigkeit und der von nahen Angehörigen ist groß, wie die R+V Versicherung aus Anlass des "Tages der Pflege" am 12. Mai betonte. Laut ihrer Studie "Die Ängste der Deutschen" vom September vergangenen Jahres fürchtet sich jeder zweite Deutsche davor, Frauen (57 %) mehr als Männer (48 %). Schon etwa ab dem Alter von 40 Jahren steigt die Sorge an, eines Tages zum Pflegefall zu werden, und wächst naturgemäß mit steigendem Alter weiter an. Allerdings machen sich sogar schon 23 % der 14- bis 19-Jährigen und 40 % der 20- bis 39-Jährigen darüber Gedanken. Die erhöhte Aufmerksamkeit, die die öffentliche Diskussion um die jüngste Pflegereform hervorgerufen hat, hat offenbar Spuren hinterlassen.

Zahl privater Pflegezusatzverträge reicht nicht aus

Für private Versicherer ergeben sich aus dieser Situation die Verantwortung und die Chance, mehr Menschen als bisher von der Notwendigkeit einer privaten Pflegevorsorge zu überzeugen. Die schützt zwar nicht vor Alter und Krankheit, kann aber dafür sorgen, dass man sich eine gute Pflege leisten kann. Mit der "Teilkaskoversicherung", die nach allgemeinem Verständnis die gesetzliche Pflege darstellt, ist das bei den ständig steigenden Kosten nicht möglich. Wie der PKV-Verband mitteilt, gab es Ende September 2017 gut 3,5 Mio. private Pflege-Zusatzversicherungen. Die Masse davon (gut 2,7 Mio.) als ungeförderte Versicherungen und knapp 815.000 als geförderte (Pflege-Bahr). Damit ist die Zahl der Verträge in den letzten fünf Jahren zwar um 61 % gestiegen - allerdings auf sehr niedrigem Niveau.

Dieser Beitrag wurde erstellt von Elke Pohl.

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