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Altersvorsorge 
Freitag, 19.01.2018

Betriebsrentner müssen wieder aktiv werden: Handlungsbedarf bei der Verbeitragung von förderfähigen bAV-Riester-Verträgen

Fraglich war vor allem, welche Verträge von der Bereichsausnahme erfasst werden: nur bAV-Riester-Verträge, für die auch die Förderung beantragt und sogar in Anspruch genommen wurde (enge Auslegung), oder für Verträge, die grundsätzlich förderfähig sind - mithin (fast) alle Rentenverträge (weite Auslegung). Das hätte dazu geführt, dass z.B. privat fortgeführte Pensionskassenverträge, die grundsätzlich förderfähig sind, nicht mehr als Versorgungsbezug gewertet würden und damit (endlich) privat fortgeführten Direktversicherungsverträgen mit Versicherungsnehmerwechsel gleichgestellt wären. Durch diese weite Auslegung wären zahlreiche Verträge über die riester-geförderten bAV-Verträge hinaus unter die Bereichsausnahme gefallen.

Da das BRSG und diese Regelung zum 01.01.2018 ohne Übergangsfrist in Kraft getreten sind, hatten die Verbände, wie die aba und der GDV, eine schnelle Klarstellung zumindest verwaltungsseitig gefordert. Mit Schreiben vom 11.01.2018 hat sich nun der GKV-Spitzenverband (RS 2018/021) nach Abstimmung mit dem Bundesfinanzministerium (BMF) und dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) geäußert. Und es verwundert nicht, dass die Auffassung sehr restriktiv ist.

Die entscheidende "Zutat" für die Bereichsausnahme: eine bewusste Entscheidung

Zunächst räumt der GKV-Spitzenverband das ein, was auch in der Gesetzesbegründung steht (und Anlass für die weite Auslegung gegeben hat):

"Nach der Gesetzesbegründung müssen die Beiträge, die zu Leistungen aus Altersvorsorgevermögen im Sinne des § 92 EStG führen, (nur) dem Grunde nach förderfähig im Rahmen der Riester-Förderung sein, z.B. weil der Arbeitnehmer nach § 1a Abs. 3 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) verlangt hat, dass die Voraussetzungen für eine Riester-Förderung erfüllt werden. Darauf, ob die Förderung tatsächlich erfolgt ist oder ob im Zeitpunkt der Beitragszahlung eine Förderberechtigung bestand, kommt es nicht an. Der Höchstbetrag des Sonderausgabenabzugs nach § 10a EStG für geförderte Beiträge ist hierbei folglich unbeachtlich."

Doch dann kommt die Einschränkung, die auch schon das BMF in seinem Schreiben vom 06.12.2017 Rz 75 (Vorliegen von Altersvorsorgevermögen i.S.d. § 92 EStG) vorgenommen hat und die sich so nicht im Gesetz wiederfindet:

"Altersvorsorgevermögen im vorgenannten Sinne kann also immer nur dann vorliegen, wenn sich die steuerpflichtige Person bewusst für die Riester-Förderung entschieden hat. Dies ist (nur) dann der Fall, wenn sie der Versorgungseinrichtung in der Vergangenheit mitgeteilt hat oder mit Wirkung für die Zukunft mitteilt, dass sie diese Förderung in Anspruch nehmen möchte und die Versorgungseinrichtung daraufhin ihre Pflichten als Anbieter nach § 80 EStG wahrnimmt. Ein Zulagenantrag muss nicht gestellt werden."

Trennung von "Mischverträgen"

Zum weiteren Abbau der Komplexität in der bAV dient sicherlich auch die Regelung, dass bei Verträgen, für die teilweise die Ausnahme vom Versorgungsbezug gilt (z.B. weil die bewusste Entscheidung der versicherten Person erst zu einem späteren Zeitpunkt dem Versorgungsträger mitgeteilt wurde) und teilweise nicht (z.B. weil Beiträge vor der Einführung von Riester mit dem 01.01.2002 entrichtet wurden) der Versorgungsträger die Leistungen entsprechend aufteilen muss. Meldepflichtig ist dann natürlich nur der Teil, der nicht unter die Bereichsausnahme fällt.

Schädliche Verwendung führt nicht zum Versorgungsbezug

Der GKV-Spitzenverband stellt auch gleich klar, wie bei einer (steuerlich) schädlichen Verwendung vorzugehen ist. Wird nämlich das Altersvorsorgevermögen nach § 92 EStG nicht - wie üblich - als Rente oder im Rahmen eines Auszahlungsplans, sondern z.B. insgesamt als Einmalkapitalbetrag, ausgezahlt, handelt es sich grundsätzlich um eine sog. schädliche Verwendung nach § 93 EStG. Die steuerliche Förderung ist dann zwar - bis auf die in § 93 EStG aufgeführten Ausnahmefälle - zurückzuzahlen. Da es für die beitragsrechtliche Beurteilung jedoch nur auf die grundsätzliche Förderfähigkeit ankommt, sind auch Auszahlungen von nicht mehr gefördertem Altersvorsorgevermögen nach einer schädlichen Verwendung von Versorgungsbezügen ausgenommen.

Kein Versorgungsbezug von förderfähigem, aber tatsächlich ungefördertem Altersvorsorgevermögen

Die Bereichsausnahme vom Versorgungsbezug, so der GKV-Spitzenverband, gilt auch für Auszahlungen von vornherein zwar förderfähigem, aber tatsächlich ungefördertem Altersvermögen. Natürlich nur dann, wenn die Voraussetzung einer bewussten Entscheidung für die Riester-Förderung und die Mitteilung dieser Entscheidung an den Versorgungsträger erfolgt ist.

Riester-Förderfähigkeit und § 3 Nr. 63 S. 1 EStG schließen sich aus

Für die Beitragsoptimierer, die am liebsten auch die Beiträge nach § 3 Nr. 63 EStG in den "rettenden Hafen" der Bereichsausnahme hineinretten wollen, errichtet der GKV-Spitzenverband eine weitere Hürde: In das Altersvorsorgevermögen nach § 92 EStG fließen nämlich, nach Auffassung des GKV-Spitzenverbandes nur die Beiträge ein, soweit der Arbeitnehmer nach § 3 Nr. 63 Satz 2 EStG zugunsten der Riester-Förderung auf die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 63 Satz 1 EStG verzichtet hat. Soweit zusätzlich Beiträge steuerfrei nach § 3 Nr. 63 Satz 1 EStG entrichtet worden sind, dürfen diese nicht in der Bescheinigung nach § 92 EStG abgebildet werden. Ansonsten würde es nach Auffassung des GKV-Spitzenverbandes zu einer doppelten Beitragsfreistellung sowohl in der Anspar- als auch in der Auszahlungsphase kommen, was mit der Intention der Gesetzesänderung nicht im Einklang stehen würde.

Nur Beiträge im Kapitaldeckungsverfahren

Zu den begünstigten Altersvorsorgebeiträgen der bAV gehören nur Beiträge zum Aufbau einer bAV im Kapitaldeckungsverfahren. Wenn wie z.B. bei der VBL Riester-Beiträge förderfähig sein sollen, müssen sie nach dem Trennungsprinzip vom Umlageverfahren getrennt verwaltet und abgerechnet werden.

Stichtagsregelung zum 01.01.2018 ohne Übergangsfrist: Zahlstellenmeldeverfahren

Diese Bereichsausnahme gilt zunächst nicht nur für neue Leistungen, sondern ohne Übergangsfrist auch für laufende Leistungen ab dem 01.01.2018. Das heißt, soweit eine Leistung unter die neue Bereichsausnahme fällt und somit kein Versorgungsbezug (mehr) ist, müssen die Versorgungsträger im Zahlstellenmeldeverfahren zum 31.12.2017 eine Abmeldung vornehmen. Fällt die Rentenleistung nur teilweise unter die Bereichsausnahme, ist ab 01.01.2018 vom Versorgungsträger im Zahlstellenmeldeverfahren die geänderte Höhe des Versorgungsbezuges zu melden.

Rette sich, wer kann: Bei Kapitalleistungen muss der Versorgungsempfänger aktiv werden

Wurde bei der Auszahlung von Kapitalleistungen vor dem 01.01.2018 im Zahlstellenmeldeverfahren - nach der damals gültigen Rechtslage - ein Versorgungsbezug gemeldet, so muss der Versorgungsträger dies nicht korrigieren. Hier planen die Krankenkassen wohl keine Information der Versorgungsempfänger. Es heißt im Schreiben dazu: "Die Krankenkassen werden dann ... nur außerhalb des Zahlstellen-Meldeverfahrens durch die betroffene Person oder die Zahlstelle Kenntnis von der .... Änderung erhalten können." Das bedeutet, letztlich müssen die Versorgungsempfänger aktiv werden. Denn für die Zahlstelle ist der Vorgang abschließend erledigt. Dass die Versorgungsempfänger tätig werden müssen, liegt daran, dass bei Kapitalzahlungen immer eine fiktive Verteilung der Kapitalzahlung über 120 Monate bzw. zehn Jahre erfolgt. Bei allen Zahlungen, die in den letzten zehn Jahren vorgenommen wurden und bei denen die Verträge ganz oder teilweise unter die neue Bereichsausnahme fallen, müsste ab dem 01.01.2018 die Beitragspflicht also ganz bzw. teilweise wegfallen.

Kein Versorgungsbezug, aber trotzdem Beiträge bei freiwillig Versicherten!

Auch wenn die Bereichsausnahme nach § 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB V greift, bleibt es natürlich bei freiwillig Versicherten nach § 5 Abs. 4 Beitragsverfahrensgrundsätze-Selbstzahler i.V.m. § 240 SGB V bei der Verbeitragung als sonstiges Einkommen mit dem ermäßigten Beitragssatz. Dazu stellen, wie bisher, die Versorgungsträger eine Bescheinigung über die Riester-Leistung aus.

Fazit:

 1.

Wenn es um die Verbeitragung als Versorgungsbezug geht, sind Betriebsrentner in der Vergangenheit klagefreudig gewesen. Es ist davon auszugehen, dass nun auch die "enge Auslegung" des § 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB V die Gerichte bis hin zum Bundesverfassungsgericht beschäftigen wird. Dies betrifft insbesondere Pensionskassen- und Pensionsfondsrentner, da es hier - anders als bei Direktversicherungen - keine Ausnahmeregelung gab.

 2.

Möglicherweise betroffenen Betriebsrentnern, also insbes. Betriebsrentner, die nach einer privaten Fortführung von normalen bAV-Verträge keine "bewusste" Entscheidung getroffen haben, und die sich schon im Rentenbezug befinden, ist anzuraten, Widerspruch einzulegen. Damit können die Verjährungsfristen des SGB gestoppt werden und die Betroffenen können sich ersten Musterverfahren, die sicherlich kommen werden, anschließen.

 3.

Betriebsrentner in der Anwartschaftsphase, die gerade ihre bAV-Verträge privat fortführen, sollten eine "bewusste" Entscheidung für eine Riester-Förderung treffen und dies dem Versorgungsträger mitteilen. Eine tatsächliche Inanspruchnahme der Riester-Förderung ist nicht erforderlich. Dies betrifft insbes. Pensionskassen- und Pensionsfondsrentner, da es hier - anders als bei Direktversicherungen - keine Ausnahmeregelung gab.

 4.

Betriebsrentner, die in den letzten zehn Jahren eine Kapitalleistung aus bAV-Riester-Verträgen bzw. aus grundsätzlich förderfähigen bAV-Verträgen erhalten haben, sollten bei ihrer Krankenkasse ab 01.01.2018 eine Aufhebung der Verbeitragung als Versorgungsbezug unverzüglich beantragen.

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